„Verbrechen“ ist die optimale Lektüre für Strand, Wartezimmer oder Zug. In äußerst präzisen Kurzgeschichten erzählt der Strafverteidiger Ferdinand von Schirach von seinen Fällen. Da einer kurioser als der andere ist, sollte man bezüglich der Wahrheit des Erzählten allerdings skeptisch sein oder – besser! – die Frage, was Wahrheit und was Dichtung ist, direkt außen vor lassen. Sie spielt nämlich keine Rolle. Schirachs Geschichten funktionieren so oder so. Sie sind nicht „mindblowing“, aber sprachlich sauber geschrieben, im Ton lakonisch und trotzdem nah an den Figuren. Die geschilderten Fälle bleiben haften, wohl auch, weil sie sich in einem Alltag ereignen, den wir alle kennen. Mein Favorit: Die Geschichte eines Museumswärters. Nach etlichen Jahren in einem Raum mit der Statue eines Jungens, der sich einen unsichtbaren Dorn aus dem Fuß zieht, entwickelt er den Zwang, diesen Dorn Wirklichkeit werden zu lassen.